Reformen für die Zukunft der sozialen Dienste dringend notwendig
„Mit den Rezepten von gestern lassen sich die Probleme von heute und morgen nicht mehr lösen“, davon ist Vorstand Dr. Berthold Broll überzeugt. „Wir brauchen Mut zum Fortschritt seitens der Politik, um die bestmögliche Versorgung unterstützungsbedürftiger Menschen auch in Zukunft sicherzustellen“, sagt Dr. Broll. Die Stiftung Liebenau plädiert daher zum Beispiel für eine grundlegende Struktur- und Finanzierungsreform der Pflegeversicherung, die eine konsequente Deregulierung beinhaltet und Verantwortung dorthin bringt, wo sie letztlich benötigt und wo die Leistungen erbracht werden. Nämlich bei den betroffenen Menschen, ihren Angehörigen und den Sozialunternehmen.
Entscheidungen müssen jetzt getroffen werden
Die Stiftung Liebenau pflegt, betreut und begleitet gemeinsam mit ihrer Schwesterstiftung, der Stiftung Hospital zum Heiligen Geist, und zahlreichen Beteiligungsunternehmen derzeit rund 48 000 Menschen und sieht die Notwendigkeit, auf diese grundlegenden Zusammenhänge hinzuweisen. „Die Versorgung einer großen Anzahl von Menschen hängt von den jetzt zu treffenden Entscheidungen ab“, ergänzt Dr. Broll. Dazu gehört aus Sicht der Stiftung Liebenau auch ein Übermaß an Bürokratie in nahezu allen Geschäftsfeldern – beispielsweise bei der Pflegedokumentation. „Sie nimmt wertvolle Zeit in Anspruch, die eigentlich für die direkte Betreuung und Unterstützung der Menschen genutzt werden müsste“, betont Dr. Broll. Dazu kämen immer neue Berichtspflichten und Registereintragungen, wie zum Beispiel die Nachhaltigkeitsberichtserstattung oder ein Lobbyregister, die auch im Verwaltungsbereich viel Kapazitäten binden würden.
Stiftungsverbund beschäftigt 9350 Mitarbeitende
Im Jahr 2023 arbeiteten rund 8700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter länderübergreifend in der Stiftung Liebenau im Liebenau-Verbund, verteilt auf 396 Einrichtungen und Dienste in Deutschland, Österreich, Italien, der Schweiz, Bulgarien und der Slowakei, 350 mehr als im Vorjahr. Der Stiftungsverbund umfasst insgesamt 17 Tochtergesellschaften, 16 Beteiligungsunternehmen und 6 weitere zugeordnete Rechtsträger. Diese vielfältigen Unternehmen sind in 118 Städten und Gemeinden aktiv. Hinzu kommen an 15 Standortkommunen rund 650 Mitarbeitende der Stiftung Hospital zum Heiligen Geist, die durch die Beteiligung an der AllgäuStift GmbH mit Sitz in Kempten stark gewachsen ist. Darüber hinaus engagieren sich rund 1700 freiwillig Tätige in den verschiedenen Bereichen, deren Unterstützung zwar wieder zugenommen hat, jedoch das Niveau vor der Corona-Pandemie noch nicht wieder erreicht hat. Ehrenamtliche sind für die Arbeit der Stiftung Liebenau von unschätzbarem Wert und eine große Bereicherung.
Jahresergebnis nicht zufriedenstellend
„Das Jahresergebnis der Stiftung Liebenau für 2023 war nicht zufriedenstellend: Der anhaltende Personalmangel, vor allem in Deutschland und Österreich, zwang uns weiterhin dazu, auf teure Leasingkräfte zurückzugreifen, sowie verstärkt in die Personalbeschaffung und -bindung zu investieren“, erläutert Vorstand Dr. Markus Nachbaur. Zudem sind die Pflegesätze teilweise nicht auskömmlich gewesen, um die gestiegenen Personal- wie auch Sachkosten zu decken. Eines ist dabei aber für die Stiftung Liebenau klar: „Wir bauen hier weiterhin auf Auszubildende und Fachkräfte aus dem außereuropäischen Ausland. Wir beschäftigen heute bereits Menschen aus rund 90 Nationen und stehen für Vielfalt im Dienst für Menschen, die Hilfe benötigen.“
Herausforderung Bundesteilhabegesetz
Die gestiegenen Sachkosten belasteten alle Gesellschaften der Stiftung Liebenau. Eine große Herausforderung bleibt auch weiterhin die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes, das die Rechte von Menschen mit Behinderungen stärken und ihre Teilhabe verbessern soll. „Wir arbeiten intensiv an den jetzt ausgearbeiteten Leistungsvereinbarungen und überprüfen diese im Sinne der Menschen mit Behinderungen auf ihre Praxistauglichkeit“, so Vorstand Dr. Nachbaur. Das Jahresergebnis in den Tochtergesellschaften war, ähnlich wie im Vorjahr in Deutschland, in mehreren Gesellschaften negativ. „In Summe erwirtschaftete der Verbund der Stiftung Liebenau im operativen Bereich ein gerade noch positives Ergebnis, die Vermögensverwaltung lief dank der gestiegenen Zinsen zufriedenstellend“, fasst Dr. Nachbaur zusammen.
Innovation und Fortschritt
Trotz aller Herausforderungen hat die Stiftung Liebenau ihre Angebote weiter ausbauen können. In Flachslanden beispielsweise war Baubeginn für ein neues Haus der Pflege, in Ludwigsburg entstand in Kooperation der katholischen Kirchengemeinde und einer Kindertagesstätte ein Quartier, das ein Wohnheim für junge Menschen mit Teilhabebedarf integriert. Und eine Beratungsstelle für im Mutterleib Alkoholgeschädigte, deren Angehörige sowie für Fachleute wurde eröffnet. In 2023 wurden darüber hinaus zahlreiche Klimaanpassungen für Häuser der Pflege und Teilhabe begonnen. „Die Voraussetzungen der Stiftung Liebenau für weitere neue Lösungsmodelle für die gesellschaftlichen Bedürfnisse von heute und morgen sind angesichts der vielfältigen Aktivitäten gut. Die Ideen gehen uns nicht aus“, so die Vorstände Dr. Broll und Dr. Nachbaur.
Den Jahresbericht 2023 der Stiftung Liebenau können Sie hier als PDF-Datei und ebook abrufen: